Der Code des Lebens

Der Code des Lebens

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Barbara Strobl: Barbara Strobl: Der Code des Lebens wird präsentiert von GHGA, dem Deutschen Humangenom-Phänomarchiv. Viel Spaß bei der heutigen Folge: Gentherapie - von der Virushülle zum Medikament. Manchen von euch ist es vielleicht bereits aufgefallen, dass es einen Moderationswechsel gab. Vielen herzlichen Dank an Janika Kiltz für die spannenden Folgen im letzten Jahr. Aber nun wieder zurück zur Gentherapie. Die meisten von euch haben vermutlich schon von Gentherapien gehört. Aber was ist das genau? Was hat das mit einem Virus zu tun? Und warum benötigt es in manchen Fällen eine komplizierte Operation, wenn es doch nur um etwas so Kleines wie ein Gen geht? Das und vieles mehr erklärt uns in der heutigen Folge Dr. Immanuel Seitz. Dr. Seitz ist Assistenzarzt an der Augenklinik in Tübingen. Er arbeitet seit zehn Jahren im Bereich der Gentherapie. Er war sowohl im Labor, als auch bei der Entwicklung von Gentherapien dabei. Er war Teil der ersten Gentherapiestudien in Deutschland und begleitet als Forscher und Augenarzt seit fast zehn Jahren Gentherapiepatienten und -patientinnen. Bevor wir jetzt aber so richtig in das Thema eintauchen, definieren wir doch erst einmal, was eine Gentherapie überhaupt ist.

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Also, die Gentherapie, in der einfachsten Definition, ist die gezielte Veränderung der genetischen Information eines Gewebes oder einer Zellfraktion zur Therapie einer vorbestehenden Erkrankung.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Wir können uns also eine Krankheit vorstellen, die durch ein fehlerhaftes Gen ausgelöst wird. Durch diesen Fehler im Gen kann nun nicht mehr das richtige Protein erzeugt werden. Und das führt zu einem Fehler in der Zelle. Zum Beispiel fehlt dem Auge dann das richtige Protein, um Licht wahrnehmen zu können. Die Gentherapie versucht, dieses eine Gen gezielt zu ändern, damit dann wieder das richtige Protein produziert werden kann. Wichtig, wie Dr. Seitz bereits erwähnt hat, ist eben die gezielte Veränderung. Eine ungezielte Veränderung können wir ja schon länger, zum Beispiel durch Bestrahlung. Ein bisschen abstrakt ist das ganze Gentherapie Thema ja schon. Wie ist man denn ursprünglich überhaupt auf eine so abstrakte Idee gekommen?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Die Grundidee der Gentherapie, wie sie heute funktioniert, die kommt im Prinzip aus den 60er, 70er Jahren. Und da hat man überhaupt mal rausgefunden, dass eine DNA, die nicht aus einer gewissen Zelle kommt, trotzdem in dieser Zelle exprimiert werden kann. Also verwendet werden kann. Und ungefähr um die gleiche Zeit hat man auch rausgefunden, dass es Viren gibt, die Krebs erzeugen – das Papillomvirus zum Beispiel. Und da hat man dann wirklich verstanden, ah ok, Viren transportieren also Gene in menschliche Zellen und verändern diese Zellen dauerhaft. Und das war natürlich erstmal ein totaler Fortschritt, um, zum Beispiel, den Gebärmutterhalskrebs Impfstoff zu entwickeln. Aber es hat eben auch diese Idee den Leuten in den Kopf gesetzt, ja Mensch, was wäre denn, wenn wir so ein Virus, der eigentlich nichts anderes ist als eine Genfähre, uns zum Nutzen zu machen. Und den sozusagen dazu bringen, für uns zu arbeiten statt gegen uns. Und gesunde Gene zu transportieren, statt krankmachende. Und da hat diese Gentherapie so angefangen. Und das ist natürlich auch, wenn man Schnupfen hat, und einen Schnupfenvirus sich einfängt, in der Nasenschleimhaut, dann macht der ja nichts anderes, als sein eigenes Erbgut in unsere Schleimhautzellen hinein zu zwingen, und die Zelle dazu zu kidnappen und dazu zu bringen, mehr Viren zu machen. Das heißt, dieses Werkzeug, was wir eigentlich brauchen, um Gene zu verändern, gibts in der Natur schon. Und jetzt gehts nur noch darum, wie macht man das eben - wie zähmt man den Virus ausreichend gut. Wie macht man den ungefährlich für uns. Und so, dass er unseren Ansprüchen auch genügen kann.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Um das alles etwas anschaulicher zu gestalten, würde ich gerne Schritt für Schritt eine Gentherapie durchgehen. Und zwar anhand von einer zugelassenen Gentherapie, die Luxturna heißt. Die wird in der Augenheilkunde für erbliche Erblindung angewendet. Übrigens gibt es insgesamt 14 zugelassene Gentherapien in der EU. Sechs davon sind im Bereich der Immunzellen, die bei Krebs eingesetzt werden können. Aber in der Augenheilkunde gibt es eben nur eine. Und zwar Luxturna. Woher weiß man jetzt eigentlich, welcher Patient oder welche Patientin für Luxturna in Frage kommt?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Die Gentherapie ist was ganz ganz Neues. Und wir haben jetzt eine Gentherapie für eine genetische Erkrankung, für ein Gen in der Zulassung. Es gibt aber knapp 300 Gene, die solche Erkrankungen verursachen. Und jede davon ist im Prinzip eine eigene Erkrankung. Man kann die zwar in Gruppen stecken klinisch, aber eigentlich ist jedes eine einzelne Erkrankung. Und die Summe der Patienten, die sind alle für sich sehr selten, diese Erkrankungen, aber die Summe der Patienten, die gabs bei uns schon immer, das sind nicht wenige, und die hatten wir immer auch in gewissen Sprechstunden für erbliche Netzhautdegenerationen. Was man dort aber sehen kann, wenn man sich diese Patientenkollektive anschaut, retrospektiv zurückschauend, dann stellt man fest, dass diese Patienten zweimal klassischerweise bei uns sind. Nämlich einmal, wenn die Erstdiagnose gestellt wird. Und dann ist da meistens ein Loch. Dann kommen die nämlich ganz lange nicht mehr. Die kommen dann ein zweites Mal. Und zwar, wenn sie kurz vor der Erblindung stehen, dann kommen sie nochmal, um zu wissen, ob es irgendwas gibt. Dieses Phänomen, dass wir die Leute haben, die, auch wenn dann die Diagnose mal da ist, eigentlich ganz lange nicht angebunden sind, weil man ihnen eben immer sagen musste: wir haben nichts, es gibt keine Therapie, das geht in die Erblindung, bereiten Sie sich vor. Ist eigentlich ein ganz hoffnungsloses Kollektiv von Patienten ganz lange gewesen.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Früher gab es also eigentlich keine Möglichkeit, eine solche erbliche Erblindung aufzuhalten. Heute gibt es das vorher bereits erwähnte Luxturna. Luxturna kann aber leider nicht für alle erblichen Erblindungen verwendet werden, sondern nur für eine Subgruppe der Patienten, je nachdem in welchem Gen der Genfehler liegt.

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Ja, also das Luxturna wird verwendet für Patienten, die unter Mutationen in einem Gen leiden. Und zwar RPE65 ist das Gen. Die Erkrankung muss auf beiden, oder die Veränderung muss auf beiden Chromosomen sein, dass die zum Ausbruch kommt. Und diese Patienten haben oft für diese Form der Erkrankungen einen relativ schnellen Verlauf. Bereits im Kindes- und Jugendalter haben die ein sehr stark eingeschränktes Gesichtsfeld. Auch gerade in der Dämmerung sind die sehr schnell nahezu unfähig, sich noch zu orientieren. Weil das Nachtsehen, das Dunkelsehen so sehr schlecht wird, finden sie sich eben auch oft in häuslichen Szenen mit wenig Licht wenig zurecht. Die zentrale Sehschärfe, die geht auch, leidet auch schnell. Das heißt, oft gibts da schon Probleme mit dem Erwerb des Lesens.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Wir können jetzt einen fiktiven Patienten oder eine fiktive Patientin uns vorstellen, die einen Defekt an genau diesem Gen hat. Wie geht es denn dann weiter? Also was sind die Schritte, bevor eine Gentherapie durchgeführt werden kann?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Da haben wir vielleicht eine junge Familie. Und das Kind hat eine unklare Sehstörung und der Augenarzt hat den Verdacht, es könnte in diese Richtung gehen. Und die kommen dann also zu uns. Und sind dann bei uns in der Sprechstunde. Sagen wir das ist vielleicht ein zwölfjähriger Junge, der besonders im Dunkeln schlechter sieht, aber auch insgesamt auch in der Schule Probleme hat und keine Brille hilft. Und der war beim Augenarzt und der hat gesagt, gehen Sie mal nach Tübingen. Die sind also bei uns, und der erste Schritt ist natürlich die Untersuchung, ob das auch in diese Richtung gehen kann. Und dann ist der erste Schritt die genetische Untersuchung. Also ohne eine genetische Untersuchung kann man da ganz wenig sagen. Um das Luxturna anzubieten, muss ja dieser Patient genau diese RPE65 Mutation haben. Und die Realität der Sache ist natürlich, dass die meisten Patienten nicht diese Mutation haben. Das heißt, obwohl es die Gentherapie jetzt gibt, und auch seit 2017 gibt, und wir auch schon viele Patienten mit dieser Gentherapie behandelt haben, ist es trotzdem nur ein ganz kleiner Teil von allen Patienten, die zu uns kommen.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Unser fiktiver zwölfjähriger Junge hat seinen Gendefekt genau im richtigen Gen. Das heißt, er kommt für eine Gentherapie in Frage. Der nächste Schritt ist dann also die eigentliche Gentherapie. Aber wie kann man sich so eine Gentherapie überhaupt vorstellen, also wie sieht dieses Medikament aus?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Luxturna kommt in kleinen Glasviolen. Da sind wenige 100 Mikroliter Flüssigkeit drin. Das sind, wären quasi nur ein paar Tropfen, wenn man es ausschütten würde. Es ist eine glasklare Flüssigkeit, so wie Wasser. Und darin gelöst sind eben mehrere Millionen Kopien von dem Gen, eingepackt in Virus-Genfähren.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: An dieser Stelle hat mich Dr. Seitz um eine kleine Korrektur gebeten. Tatsächlich befinden sich in Luxturna mehrere Milliarden Viruspartikel, und nicht mehrere Millionen. Das Medikament an sich schaut also sehr unscheinbar aus. Aber wie geht es dann weiter? Wie wird Luxturna verabreicht?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Also, die Flüssigkeit wird erstmal auf die richtige Konzentration verdünnt und dann in den OP gebracht. Und im OP-Saal ist es so, dass wir von operativer Perspektive einen Standardeingriff verbinden mit der eigentlichen Injektionsprozedur.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Diesen Standardeingriff wird Dr. Seitz jetzt kurz beschreiben. Es folgt also eine genaue Beschreibung einer Operation. Wer dies lieber nicht hören möchte, sollte am besten die nächsten zwei Minuten überspringen.

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Dieser Standardeingriff heißt Vitrektomie. Das steht für Glaskörperentfernung. Und das ist etwas, das wir im klinischen Alltag oft machen. Das machen wir bei Netzhautablösungen, das machen wir, wenn wir kleine Häutchen von der Netzhaut abpeelen wollen. Da gibt es eine Reihe von Operationen der Augenkunde, wo man diesen Teil macht, die Vitrektomie macht. Und dabei geht es im Wesentlichen darum, der Glaskörper ist so eine Art Gelee, der im Augeninneren hängt. Und der entfernt werden muss, damit man sicher an die Netzhaut rankommt. Das heißt, da werden dann mikroinvasiv Zugänge gemacht, durch das Weiß vom Auge, durch die Lederhaut und quasi, das machen wir an der Grenze zwischen Hornhaut und Sklera. Wenn sie sozusagen die Iris anschauen, die Regenbogenhaut anschauen, und dann nebendran, so da, wo das Weiß vom Auge ist, vier Millimeter Abstand. Da macht man diese kleinen Zugänge, wo man dann eingehen kann, mit verschiedenen Instrumenten. Und dann wird der Glaskörper erstmal abgesaugt. Das ist alles Standard soweit. Wenn der Glaskörper dann raus ist, dann kommt die eigentliche Injektion von dem Medikament. Und das Medikament muss unter die Netzhaut gespritzt werden. Sprich die Netzhaut ist ja wie die Tapete hinten am Augapfel. Wenn der Augapfel die Wand ist, dann ist die Netzhaut die Tapete, die da diesen auskleidet. Diese Wand auskleidet. Und dann müssen Sie eben mit einer ganz ganz feinen Kanüle unter die Netzhaut gehen. Und dann wird dort quasi zwischen Wand und Tapete die Flüssigkeit appliziert. So eine Netzhaut, die ist ein Viertel Millimeter dick. 250 Mikrometer. Und der Chirurg muss diese Flüssigkeit quasi 250 Mikrometer in die Tiefe, aber darf ja auch nicht zu stark, da nicht zu tief rein. Muss genau diesen Raum quasi treffen. Diesen virtuellen Spaltraum. Und das möglich zu machen war und ist nach wie vor eine große Herausforderung. Es gibt keine, rein von den von den räumlichen Dimensionen, wahrscheinlich keine präzisere Chirurgie in der gesamten Medizin. Es geht beim Thema Gentherapie oft unter, dass es tatsächlich auch vom Handwerk her, von der Chirurgie her, extrem anspruchsvoll ist. Also es ist natürlich sehr schwierig, diese Therapien im Labor gut hinzukriegen. Aber die dann sicher in den Patienten zu kriegen, gerade bei so einem delikaten feinen kleinen Organ, wie der Netzhaut, das hat auch viele Entwicklungen gebraucht, tatsächlich, für sich genommen.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Und wie oft muss man so eine Operation dann machen?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Theoretisch hält der Effekt ein Leben lang. Aber theoretisch ist das wichtige Wort. Wir wissen es noch nicht. Man weiß es nicht genau, aber rein von der Theorie, sollte es, ist es, eine einmalige Behandlung sein.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Also, dann kommen wir zurück zu unserem zwölfjährigen Jungen. Das Luxturna wurde verabreicht, und die Flüssigkeit mit den Vektoren und mit dem Gen, die ist jetzt im Auge. Was passiert denn dann dort mit der Flüssigkeit?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Die Flüssigkeit wird von dem Gewebe dort aufgenommen. Und man kann dann beobachten, dass diese Flüssigkeit schon meistens am nächsten Tag weg ist. Und mit der Flüssigkeit werden eben natürlich auch diese Viren, die Vektoren, wie wir sie eigentlich nennen, aufgenommen und die gehen in die Zellen rein. Dann wird erstmal die Hülle von dem Virus abgebaut. Dann kommt zum Vorschein eben das eigentliche Transgen, das eigentlich therapeutische Gen, das letztlich über Umwege im Nukleus, im Zellkern landet und dort dann als ringförmige Struktur zum Liegen kommt und dort dann anfängt, seine biologische Funktion zu entfalten.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Dieser Punkt ist beim Thema Gentherapie noch sehr wichtig. Das neue Gen, also das Gen aus Luxturna, das kommt zwar in unseren Zellkern. Aber es wird nicht direkt in unsere DNA eingefügt. Dr. Seitz, warum ist das so wichtig?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Das war genau diese Thematik mit dem Sicherheitsprofil, die wir vorhin hatten. Wir haben 2005, um den Dreh rum, vielleicht sogar noch ein paar Jahre früher, das Problem gehabt mit integrierenden Vektoren. Solche die, das Wort integrierend legt es nahe, die Gene wirklich hineinschneiden in die Chromosomen des Patienten. Und dort kam es zur Entstehung von malignen Tumoren, von Krebserkrankungen letztlich, die durch die Therapie bedingt waren.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Diese Gefahr, dass maligne Tumoren entstehen, die gibt es eben nicht, wenn man das neue Gen als ringförmige Struktur neben unserer DNA ablegt. Und genau deshalb macht es Luxturna auch so. Aber was mich jetzt noch interessieren würde, wir haben ja sehr sehr viele Zellen in unserem Körper. Und alle haben dieses Gen. Allerdings wird dieses Gen eben nur in ganz speziellen Zellen in den Augen tatsächlich verwendet, und muss daher auch nur dort therapiert werden. Woher weiß jetzt der Vektor, in welche Zellen er genau gehen muss? Und muss er alle von diesen Zellen auch tatsächlich erreichen, damit die Gentherapie wirklich wirken kann?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Die Gentherapien haben mehrere Mechanismen eingebaut, um das herzustellen. Das eine ist, dass die Oberfläche vom Virus so gestaltet ist, dass der am einfachsten in seine Zielzellen überhaupt nur eindringen kann. Jede Zelle hat gewisse Rezeptoren an der Oberfläche, durch die Viren internalisiert werden, aufgenommen werden. Und die Therapien sind oft angepasst, so, dass die Zielzellen die zumindest deutlich besser aufnehmen als die Nichtzielzellen. Und der andere Mechanismus ist, dass auch auf Genebene es Möglichkeiten gibt, dem therapeutischen Gen eine Art genetischen Adresscode mitzugeben, an dem unterschiedliche Zielzellen auch unterschiedlich stark interessiert sind. Also die meisten Gene existieren ja nicht in einem Vakuum, sondern haben Steuerungselemente. Und diese Steuerungselemente sind oft auch spezifisch für gewisse Zielzellen. Und damit kann man die Spezifität auch steuern. Der größte Faktor bei dieser Therapie ist allerdings, dass die rein chirurgisch, dieses Kompartiment, in dem wir behandeln, dieser subretinale Raum, ziemlich hermetisch abgeschlossen ist, für ein körperliches Gewebe. Also wir sehen, dass wenn wir subretinal injizieren, wir eine verschwindend geringe Menge an Vektor, an Virus haben, der in den Körper entweicht. Und zur Frage, wie viel Prozent der Zellen man therapieren muss, ich habe jetzt keine genauen Zahlen im Kopf, aber auf jeden Fall lange nicht alle. Also da gibts verschiedene Erkrankungen, auch gerade auf Ebene der Fotorezeptoren, der lichtempfindlichen Zellen Berechnungen und da müssen Sie also nur einen kleinen Teil der Zellen erreichen, damit es auch wirklich wirkt; also die Hälfte ist schon großzügig.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Wie hoch sind denn die Erfolgswahrscheinlichkeiten einer Gentherapie mit Luxturna?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Also wir können regelhaft feststellen, dass die Patienten, die wir behandeln, danach eine bessere Lichtempfindlichkeit haben als vorher. Nicht alle, denn, Sie können sich vorstellen, wenn Sie eine Netzhaut behandeln, in der kaum noch Zellen da sind, dann hilft auch die Wiederherstellung der Funktion von diesen sehr wenig Zellen, reicht dann unter Umständen nicht aus, um eine relevante Funktion zu kriegen. Die Operation selber ist natürlich für die Netzhaut auch stressig, denn die wird ja abgelöst von ihrer Unterlage. Das mag die Netzhaut eigentlich nicht so gerne. Das heißt auch da, da hat man durchaus, erstmal muss man auch abwägen, zwischen dem negativen Einfluss, der die Operation selber vielleicht hat, und dann positiv erreichbaren Effekt durch die Gentherapie. Das heißt, wir haben schon ein paar Fälle, die nicht relevant besser werden. Aber ein Großteil der Patienten, und es hat sich so auch gezeigt in den ganz großen Studien, die Luxturna behandeln, oder die Effekte nachverfolgen seit Therapie gemacht wird. Da zeigt sich, dass ganz klar ein Großteil der Patienten mehr Lichtempfindlichkeit hat als vorher.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Sie haben ja jetzt die negativen Effekte der Operation schon ein bisschen angesprochen. Was sind denn noch die weiteren Nebenwirkungen von einer Luxturna Gentherapie?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Also ich muss da mal vorschießen, dass wir die Nebenwirkungen, und insbesondere die Langzeitnebenwirkung von diesen Therapien noch nicht gut kennen. Wir benutzen die Therapie seit 2017. Das sind jetzt sechs Jahre. Das ist nicht wenig, haben auch schon viel, ein gutes Bild davon. Aber die ganz ganz Langzeitdaten, die gibt es einfach noch nicht. Da muss man also alles, was ich sag, mit einer gewissen Vorsicht noch betrachten. Grundsätzlich ist es so, dass die Operation selbst natürlich Nebenwirkungen hat. Das heißt, wir können davon ausgehen, dass das Auge gereizt ist, gerötet ist, vielleicht ein paar Tage auch ein bisschen schmerzt, angeschwollen ist, alles was von der Operation selber kommt. Wir können durch die Operation das Problem kriegen, dass wir Löcher erzeugen in der Netzhaut, oder die Abhebung länger hält, anhält, als wir das möchten. Das sind aber alles Probleme, die sag jetzt mal salopp, die hat man im Griff. Das kennt man aus Augenoperationen schon lange und insgesamt und das, das lässt sich gut handhaben. Was die Nebenwirkung der Gentherapie selber angeht ist es so, dass wir einen Entzündungsreiz bekommen können. Dadurch, dass diese Vektoren trotz des Immunprivilegs des Auges, das wir vorhin beschrieben haben, trotzdem auch diese Vektoren als Fremdkörper erkennt, als körperfremde Substanzen erkennt, und gegen die auch immunologisch prinzipiell reagieren kann. Und das ist meistens mild, so dass man davon wenig bis gar nichts mitbekommt. Also die Patienten nicht, wir auch. Aber es reicht, dass wir allen Patienten hochdosiert Kortison geben, vor und auch nach der Operation, dass das Immunsystem einfach gedämpft ist. Und bei einzelnen Patienten, bei ganz einzelnen, ist dann trotz dieses Cortisons auch eine starke Immunantwort, fast schon wie so eine Art Entzündung des Glaskörperraums zu sehen, die dann auch durchaus mal notwendig machen kann, dass man noch ein paar, ein paar Tage länger bei uns bleibt, und das ausführlich therapiert. Das ist so eine Geschichte, das Entzündliche. Und das andere ist, das haben wir jetzt gerade beim Luxturna auch gesehen, dass wir Phänomene an der Netzhaut entdecken, die erstmal so imponieren auch wie ein Gewebeuntergang, den wir noch nicht ganz erklären können. Spricht, bei den Patienten interessanterweise, wo die Therapie besonders gut anspricht, die also am meisten profitieren, sehen wir aber auch, dass es zu einem schnelleren absterben vom Gewebe kommt, kommen kann.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Unser zwölfjähriger Junge ist jetzt also fertig mit der Operation und hatte hoffentlich möglichst wenig von diesen erwähnten Nebenwirkungen. Wie geht es denn dann weiter? Also, muss der Junge dann noch öfter vorbeikommen für weitere Untersuchungen? Oder ist es dann alles abgeschlossen?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Gentherapien sind ja auch, trotz des Zulassungsstatus von Luxurna, immer noch experimentelle Therapien, sage ich mal. Und die Nachkontrolle ist relativ engmaschig. Meistens kommen die Patienten bei uns eine Woche später, zwei Wochen später und drei Monate, 6 Monate, ein Jahr, zwei Jahre. Also jetzt nicht jede Woche oder nicht jeden Monat, aber schon, in abnehmender Frequenz zwar, aber relativ regelmäßig zu uns. Diese intensive Nachkontrolle ist auch letztlich eine regulatorische Vorgabe. Und wir versuchen, eigentlich alle Patienten, die Gentherapie bekommen haben, für mindestens fünf Jahre nachzuuntersuchen. Und die meisten eben auch länger.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Unser Fallbeispiel mit dem zwölfjährigen Jungen war ja jetzt Luxturna, also eine Gentherapie für die Augen. Es gibt aber auch andere Gentherapien für komplett andere Erkrankungen. Inwieweit unterscheiden sich diese Gentherapien von der, die wir gerade besprochen haben?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Da sind wir oft eben auch im Bereich der Neurologie unterwegs. Da gibt es Muskellähmungen. Die erblichen Muskellähmungen, die behandelt werden mit Gentherapie. Aber auch im Bereich von Stoffwechsel- oder Bluterkrankungen, Sichelzellanämie, Hämophilie, da gibt es verschiedene. Da wird natürlich ganz anders therapiert. Also da gibts dann den Vektor plötzlich intravenös, in einer sehr hohen Dosis. Das macht natürlich ganz andere, hat ein ganz anderes Potenzial auch für schwerwiegende Nebenwirkungen, als bei uns am Auge. Da gibts immer wieder auch Studien zumindest, wo dann auch schwer, ganz schwere Immunantworten zustande kommen, der Körper also sehr sehr stark reagiert auf diesen Vektor. Gleichzeitig haben wir auch da tolle Erfolge, tolle Therapieerfolge.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Wir haben uns ja jetzt über eine fertig zugelassene Gentherapie unterhalten. Und die scheint ja jetzt auch sehr gut zu funktionieren. Aber dadurch vergisst man glaube ich manchmal, dass es doch einige Schwierigkeiten gab, bei der Entwicklung der Gentherapien. Könnten Sie diese noch ein bisschen erläutern?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Also die Schwierigkeiten bei der Gentherapie insgesamt, war sicherlich die Suche nach dem, nach der richtigen Genfähre. In früheren Tagen waren die Themen, wie die Immunantwort, die überschießende, wo auch Patienten tatsächlich zu Tode gekommen sind damals. Also Jesse Gelsinger ist so ein Name, den man in dem Zusammenhang immer mal nennen kann. War ein 18-jähriger junger Mann, der um die Jahrausendwende bei einer Gentherapiestudie verstorben ist, aufgrund von so einer extrem überschießenden Immunantwort auf den verwendeten Virus. Und obwohl jetzt diese extremen Verläufe heutzutage zum Glück nicht mehr vorkommen, ist die Immunantwort, wenn auch auf einer geringeren Ebene, in der im Ausmaß immer noch ein Thema. Also, sprich, muss man den Patienten immunsupprimieren, zumindest vorübergehend? Gibt es vielleicht auch über Monate und Jahre hinweg noch so eine unterschwellige Entzündung, nach der Gentherapie? Das sind so Fragen, die immer wieder, und auch über verschiedene Disziplinen, und bei allen Erkrankungen eigentlich auftauchen können. Das andere ist das Risiko der malignen Transformation, also der tumorösen Entartung. Das ist jetzt mit AAV aufgrund dessen, dass das Erbgut nur dazugelegt wird, und das Chromosom eigentlich unangetastet bleibt, kein großes Problem mehr. Zumindest von dem, was wir wissen. Aber es gibt durchaus andere Methoden der Gentherapie, die das Chromosom verändern müssen, um wirksam zu sein. Da ist es durchaus was, wo man auf der Hut sein muss. Und wo auch weiterhin sehr sehr aktiv geforscht ist, um sicherzugehen, dass es nicht passiert. Dann haben wir das Problem mit der Veränderung der Keimbahn. Sprich, wenn wir jetzt eine Gentherapie haben, die nicht nur die Körperzellen verändert, sondern auch die Eizellen im Uterus oder die Stammzellen von den Spermien, dann hätten wir natürlich nicht nur unser Individuum behandelt, unseren Patienten, sondern auch dessen Nachwuchs schon. Und das ist was, was ethisch, zurecht, sehr kritisch gesehen wird. Was aber oft in der in der Realität ja auch erstmal nachgewiesen werden muss, dass man das, dass man das gewährleisten kann. Denn eine gewisse Zelle im Körper nicht zu behandeln, wenn man viele viele viele viele Millionen Vektoren jemandem, zum Beispiel intravenös, verabreicht, das nachzuweisen ist nicht trivial.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Bis jetzt haben wir nur über monogenetische Krankheiten gesprochen. Bei monogenetischen Krankheiten ist nur ein Gen der Auslöser für die Krankheit. Es gibt aber auch polygenetische Krankheiten. Da sind mehrere Gene daran beteiligt, dass man ein gewisses Risiko für eine Krankheit bekommt. Das sind dann zum Beispiel Herzkreislauferkrankungen. Ist es in Zukunft möglich, dass man auch dafür Gentherapien entwickelt?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Das sehen wir auch jetzt teilweise schon. Das ist auch ein gar nicht so triviales Thema eigentlich. AMD zum Beispiel, also die altersbedingte Makuladegeneration. Dafür gibt es auch Gentherapien. Und da weiß man, da gibt es genetische Risikofaktoren. Und diese genetischen Risikofaktoren sind letztlich auch die, stehen auch bei der Rationalen der Gentherapie sozusagen, dahinter. Dass die sozusagen, das Gene, die man für positiv hält, dann vermittelt werden im Auge, um die Makuladegeneration günstig zu beeinflussen. Aber was man da eigentlich merkt, ist schon so ein bisschen ein Verlassen von diesen ganz klaren Kausalitätsketten auf der Pathologieebene. Also man hat jetzt nicht mehr ein Gen, was irgendwie nicht da ist, und dann ersetzt man das eine Gen und dann funktioniert es wieder, und dann ist gut. Sondern da sieht man durchaus auch erste Tendenzen, von ja, da haben wir vielleicht ein genetischen Einflussfaktor, und der ist bei den Patienten vielleicht eher ungünstig, und wir wissen, dass, wenn wir jetzt von dem anderen Gen vielleicht ein bisschen mehr hätten, dann könnte das helfen. Aber es ist schon, da ist man schon einen Schritt weiter abstrahiert von diesem ganz klaren: ein Gen fehlt - ein Gen wird ersetzt. Und damit kommt man natürlich in den Bereich, wo man auf der einen Seite auch an polygenetische oder auch an multigenetische Erkrankungen rankommt, also als Therapieprinzip. Aber man hat natürlich auch ein bisschen das Risiko, dass man, wie soll ich sagen, wenn sie so rangehen, können sie natürlich für alles eine Gentherapie machen. Irgendwann. Was ja gut ist auch. Aber es gibt ja diesen Begriff „Slippery Slope“ und ich hatte ganz eingangs gesagt, wir hatten, haben ja in der Definition diese vorbestehende Erkrankung und die gezielte Veränderung. Und da muss man ein bisschen aufpassen, dass man sich da dann nicht davon weit entfernt. Und das andere ist, dass man eine Gentherapie natürlich auch nutzen kann, um Stoffe zu applizieren. Es gibt zum Beispiel auch, werden auch Gentherapien entwickelt, für die diabetische, für das diabetische Makulaödem, diabetische, also die diabetische Retinopathie, oder die feuchte altersbedingte Makuladegeneration. Und das sind Gentherapien, die jetzt nicht irgendein Molekül, das im Erbgut fehlerhaft ist, ersetzen, sondern die einfach ein Protein, was therapeutisch ist, im Auge produzieren lassen. Also sprich da gibts das VEGF und das wird normalerweise, Sie kennen bestimmt Menschen, die so Spritzen ins Auge bekommen regelmäßig, bei der feuchten Makula, wie man so im Volksmund sagt. Da gibt es ganz ganz viele. Da hat fast jeder jemand im Bekanntenkreis oder Umfeld. Und da gibts auch Studien, die versuchen diesen Stoff, der in den Spritzen ist, den man sonst halt jeden Monat oder so neu geben muss, den mittels einer Gentherapie im Auge dauerhaft zur Verfügung zu stellen. Und dann wird eben das Gen, das diesen Stoff kodiert, ins Auge eingegeben. Und dann ist natürlich aber so, da hat man mit erblichen Erkrankungen dann gar nichts mehr zu tun. Dann ist man quasi nur noch bei der Gentherapie als, als Applikationsweg sozusagen. Das heißt, das gibt es alles jetzt schon. Das ist jetzt schon Realität, und das sind, wenn man jetzt die Perspektiven der Gentherapie sich anschaut, für mich halt klare Signale, dass diese Ausdifferenzierung und dieses Variantenspiel wirklich jeden Aspekt von dieser Therapie mit einschließen wird irgendwann. Wir werden potenziell für Erberkrankungen, für Nichterberkrankungen, monogenetisch, polygenetisch, an verschiedensten Organsystemen ziemlich sicher Gentherapie haben.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Das war jetzt also ein Überblick über die möglichen Krankheiten, die behandelt werden können. Und wie denken sie, dass sich die Methoden der Gentherapie in den nächsten zehn Jahren weiterentwickeln werden?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Man muss sagen, in den letzten zehn Jahren ist auf dem Gebiet der Gentherapie unheimlich viel passiert. Das lässt sich mit den, mit den Jahrzehnten davor eigentlich gar nicht vergleichen. Dieser Erfolg von dem adeno-assoziierter Vektor zuerst, und dann aber auch CRISPR als Methode, hat wirklich dafür gesorgt, dass das Interesse an der Gentherapie insgesamt um Größenordnungen höher ist als in der Vergangenheit. Also in den letzten zehn Jahren ist so viel passiert, was man sich nicht hat vorstellen können, auch als Experte im Feld, vielleicht vor 20 Jahren, dass es sehr sehr schwer ist zu sagen, was passiert in den nächsten zehn oder 20 Jahren. Das ist fast unmöglich, würde ich behaupten. Was sich aber so ein bisschen raus kristallisiert, ganz aktuell, ist, dass wir einen wahnsinnigen Variantenreichtum sehen. Also, sprich wir haben uns in den letzten Jahren viel damit beschäftigt, das überhaupt möglich zu machen. Waren da eben sehr nah am Therapieprinzip, am heutigen von Luxturna auch dran. Also AAV, ein Gen, ein kleines Gen, wie kriegen wir es an den Ort, wo wir es hinwollen, wie überwinden wir diese ganz grundsätzlichen Risiken, die wir von früher kannten. Aber jetzt, in letzter Zeit merkt man, dass, um den Bedarf zu decken an Erkrankungen, die auch auf genetischer Ebene, auf klinischer Ebene, so wahnsinnig unterschiedlich sind. Da bildet sich sozusagen ein ebengroßer Variantenreichtum an potenziellen Therapieverfahren. Da wird also teilweise kombiniert. Da wird mRNA-Technologie kombiniert mit CRISPR, da wird AAV kombiniert mit CRISPR. Da wird, gibts ganz neue Verfahren mit RNA-Molekülen, mit Oligonukleotiden, die ein Riesenthema sind. Mit verschiedenen neuen Möglichkeiten, die Sehfunktionen dann doch auch zum Beispiel über neue neuartige Implantate, oder neuartige lichtempfindliche Moleküle dann doch wieder lichtempfindlich zu kriegen, unabhängig der Ursache. Da gibts also eine riesen riesen Vielfalt an Methoden, die da jetzt gleichzeitig vorangetrieben werden. Und ich denke, die Frage wird tatsächlich nicht sein, ob was Neues kommt, sondern was von den neuen Sachen sich durchsetzt.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Die Gentherapie wird in Zukunft also vermutlich sehr viele Möglichkeiten bieten. Wofür sie genau eingesetzt werden wird, das hängt wohl auch stark davon ab, wofür wir uns als Gesellschaft entscheiden, dass wir sie verwenden wollen. Wie sehen Sie das, Dr. Seitz?

Dr. Immanuel Seitz: Dr. Immanuel Seitz: Wenn ich da einen, selber meine private Meinung einbringen darf. Ich glaube wir müssen aufpassen, dass uns das Schwert da nicht aus der Hand genommen wird, was die Handlungsfähigkeit angeht. Weil wir sehen auf jeden Fall, dass wir den, die Tendenz haben dazu, diese politisch vielleicht auch unangenehmen Prozesse, wie, was wollen wir? Also wenn ich mir die Debatten um die Genveränderung beim Gemüse anschaue, dann will ich mir eigentlich nicht vorstellen, was passiert, wenn die Genveränderung des Menschen in Deutschland, auch mit der historischen Vergangenheit, sozusagen ins größere öffentliche Bewusstsein drängt und dann politisch aufgearbeitet werden soll. Das wird ein wahnsinnig, könnte ich mir vorstellen, könnte eine relativ aufgeladene Diskussion werden. Das Problem ist nur, wenn wir die halt gar nicht führen, dann haben wir halt Phänomene, wie in China, wo andere einfach machen. Und halt Tatsachen schaffen, denen wir dann erst hinterherrennen müssen. Insofern finde ich es eigentlich ganz gut, dass die EU, die ist da sehr aktiv, relativ viel darüber nachdenkt, wie man im Detail diese Verfahren so regulieren kann, dass das den medizinischen Fortschritt nicht behindert aber ethisch trotzdem irgendwie auf einem soliden, auf soliden Füßen steht. Das ist denke ich was, das kann man nur begrüßen. Und da hoffe ich halt, dass wenn die Zeit kommt, wir auch als Gesellschaft dann eine differenzierte Debatte führen können drüber.

Barbara Strobl: Barbara Strobl: Also. Dann fasse ich die heutige Folge noch einmal ein bisschen zusammen. Die Idee der Gentherapie kommt von den 60ern und 70er Jahren. Damals kam man auf die Idee, dass man einen angepassten Virus als Genfähre nutzen kann. Also in anderen Worten: ein therapeutisches Gen ist in einer Virushülle verpackt, und diese Virushülle hilft gezielt, die relevanten Zellen anzusteuern. Bis es dann tatsächlich zugelassene Gentherapien gab, dauerte es aber noch mehrere Jahrzehnte. Die Entwicklung ist auch noch nicht abgeschlossen. Viele Gentherapien sind gerade in Studien und könnten in Zukunft zugelassen werden. Im Falle der Augengentherapie Luxturna war zusätzlich auch die Entwicklung der Operation sehr kompliziert. Ungeachtet der Nebenwirkungen und mangelnden Langzeitdaten hat Luxturna vor allem eines bewiesen. Die Gentherapie im Menschen kann funktionieren. Dadurch werden viele bisher unheilbare Erkrankungen zumindest theoretisch behandelbar. Wie die Entwicklung von Gentherapien weitergehen wird, hängt auch von uns als Gesellschaft ab. Und wie seht ihr die Zukunft der Gentherapie? Antwortet uns auf unserer Homepage www.ghga.de/de/codedeslebens. Dieser Podcast wurde präsentiert von GHGA. Wir bieten Infrastruktur, in welche Genomdaten, sowie weitere medizinische Daten sicher gespeichert und kontrolliert zugänglich gemacht werden können. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert und ist Teil der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur. Weitere Informationen findet ihr unter www.ghga.de. Vielen Dank fürs Zuhören und herzlichen Dank an unseren heutigen Gast Dr. Seitz. Bis zum nächsten Mal!

Über diesen Podcast

Der Code des Lebens – der Wissenschaftspodcast von GHGA beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten der menschliche Genomforschung. Obwohl wir 99% unseres Erbgutes (=unserer Gene) miteinander teilen, machen die kleinen Unterschiede uns zu dem was wir sind. Doch wie ist unser Erbgut eigentlich entstanden? Wie funktioniert Genomforschung und wie beeinflussen unsere Gene unser tägliches Leben? Diesen Fragen und mehr geht “Der Code des Lebens” auf den Grund. Zuhörende benötigen kein spezielles Vorwissen um in die faszinierende Welt der Gene einzutauchen.

Dieser Podcast wird präsentiert von GHGA – dem deutschen Humangenom-Phenom Archiv. Wir entwickeln eine Infrastruktur, in welcher humane Genomdaten sicher gespeichert und kontrolliert für die biomedizinische Forschung zugänglich gemacht werden können. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert und ist Teil der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI).

Podcastlizenz: CC-BY

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