Speaker #1: [Barbara Strobl] Der Code des Lebens wird präsentiert von GHGA, dem Deutschen Humangenom-Phenom-Archiv. Viel Spaß bei der heutigen Folge: „Frauen in der Genetik - Henrietta Lacks“. Heute folgt der zweite Teil unseres Sonderformats. Ich spreche heute wieder mit meinen zwei Kolleginnen Ulli und Julia. Vielen Dank, dass ihr wieder dabei seid.
Speaker #2: [Julia Philipp] Hallo, wir freuen uns hier zu sein.
Speaker #3: [Ulrike Träger] Hallo.
Speaker #1: [Barbara Strobl] Wir möchten euch heute wieder über eine Frau in der Genetik Berichten. Der 11 Februar ist ja der internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft. Und das haben wir zum Anlass genommen einige der faszinierenden Lebens- und Forschungsgeschichten aufzugreifen. In der letzten Folge haben wir Forscherinnen vorgestellt. Die Frau die wir euch in dieser Folge vorstellen möchten ist keine Forscherin, aber sie hat trotzdem wahnsinnig viel zur Genetik und modernen Medizin beigetragen. Sie hat den Grundstein für Impfungen, Zellkulturen, Chemotherapie, künstliche Befruchtung und Medikamente für Krebs sowie Parkinson gelegt. Ohne dieser Frau hätten wir vielleicht auch keine Gesetze für Einwilligungserklärungen. Henrietta Lacks hat nämlich nie gewusst, dass mit ihrer Hilfe geforscht wurde und hat somit auch nie eingewilligt. Und das ist leider bezeichned dafür, wie lange Zeit mit People of Color in der Forschung umgegangen wurde. Meine Kolleginnen, Ulrika und Julia, werden uns jetzt mehr über Henrietta Lacks erzählen.
Speaker #3: [Ulrike Träger] Und es ist mein Vergnügen jetzt anzufangen und ich fange einfach mal vorne an. Henrietta Lux wurde 1920 in Virginia geboren, - damals noch als Loretta Pleasant. Ihre Familie weiß gar nicht so genau wann aus Loretta, Henrietta wurde, aber sie wurde wohl schon als Kind oft Henny gerufen und irgendwann wurde daraus Henrietta. Sie hatte neun Geschwister und auch eine sehr groß erweiterte Familie und die Familie stand sich auch sehr, sehr nahe. Henriettas Mutter ist bei der Geburt ihres zehnten Kindes, da war Henrietta vier, leider verstorben und danach ist sie bei ihrem Opa aufgewachsen. Zusammen mit einigen ihrer Cousins lebte sie auf einer ehemaligen Sklavenfarm und alle arbeiteten, auch die Kinder, schon recht früh auf einer Tabakplantage. Die Kinder hatten auch nur sehr limitierten Zugang zur Bildung. Henrietta schaffte es immerhin in die sechste Klasse, - das war schon relativ viel im Vergleich zu anderen Familienmitgliedern. Aber auch sie hatte ihr erstes Kind schon mit 14 Jahren. Den Vater ihre Kinder, der auch ihr Cousin war, - den heiratete sie mit 21 und insgesamt hatten die beiden fünf Kinder. Um ein bisschen mehr Geld zu verdienen, zog die Familie irgendwann nach Baltimore. Und dort wurde Henrietta 1951, damals war sie gerade 30 Jahre alt, mit Krebs diagnostiziert. Ihr jüngster Sohn war damals gerade mal vier Monate alt. Behandelt wurde sie im Johns Hopkins Krankenhaus in Baltimore. Das war ein öffentliches Krankenhaus, das auch viele Menschen behandelte die kein Geld hatten, oder nur sehr wenig, - und darunter sehr viele Afroamerikaner. Um das Ganze zeitlich einzuordnen: Damals herrschte noch „Rassentrennung“ in den USA. Henrietta wurde also auf einer Station rein für Afroamerikaner behandelt, - und das nur von weißen männlichen Ärzten. So, hier sieht man schon ein gewisses Machtmissverhältnis. Henrietta bekam eine Strahlenbehandlung mit Radium gegen ihren Gebärmutterhalskrebs. Das war damals Standardtherapie und ihre Prognose sah am Anfang gar nicht so schlecht aus. Leider breitete sich der Krebs dann aber doch aus und Henrietta starb mit gerade mal 31 Jahren an ihrem Krebs. Was aber weder sie noch ihre Familie wusste, ist dass die Ärzte eine Biopsie ihres Tumors entnommen hatten. Und das nicht zu reinen diagnostischen Zwecken, sondern für die Forschung. In der Zeit waren Einwilligungserklärungen weder gesetzlich vorgeschrieben noch routinemäßig wurden diese Angewendeten ausgefüllt. Aber viele der weißen Ärzte hatten noch eine andere Begründung dafür, warum Patientinnen auch ohne ihr Wissen Proben für die Forschung geben sollten. Die Behandlung für die Afroamerikaner war ja kostenlos. Die Biopsien sahen die Ärzte also als eine Art Bezahlung. Einverständniserklärung? - Nicht nötig. Und Henrietta war keineswegs ein Einzelfall. Zu diesem Zeitpunkt wurden bei vielen Frauen mit der gleichen Diagnose sowie anderen Krebspatienten im Johns Hopkins Krankenhaus Biopsien entnommen und alle gingen an denselben Mann: Doktor Gey. Der hatte ein großes Ziel. Er wollte Zellen außerhalb des Körpers wachsen lassen, - in der sogenannten Zellkultur. Zu diesem Zeitpunkt konnte man menschliche Zellen aber nur sehr kurz außerhalb des Körpers am Leben halten. Mäusezellen hingegen konnte man schon seit ein paar Jahren ganz gut in Zellkultur züchten. Doktor Gey war aber davon überzeugt, dass auch menschliche Krebszellen in Kultur wachsen können. Denn „Unsterblichkeit“ und dieses extreme, exzessive Wachstum sind ja Kerneigenschaften des Krebses. Und er versuchte also mit Proben von den schwarzen Patienten, ohne deren Wissen, genau das zu tun Krebszellen in Zellkultur zu züchten. Und Henrietta Lacks‘ Zellen waren die ersten bei denen es funktionierte, - die ersten die in Zellkultur überlebten. Genannt wurden die dann HeLa. He für Henrietta und La für Lacks. Und HeLa-Zellen sind unglaublich pflegeleicht. Die Zellen wachsen in Suspension, das heißt die tun einfach in einem Medium, das voll mit Nährstoffen für Zellen ist, herumschwimmen und sind glücklich und zufrieden. Und solange man immer neue Nährstoffe in diese Flasche hinzufügt, verdoppeln die sich alle 24 Stunden, - also sie wachsen enorm schnell. Und sobald diese Nachricht, dass es menschliche Zellen in Zellkultur gab, sich in der Forschungsgemeinde ausbreitete, wollten alle Forscher diese auch nutzen. Und das taten sie auch. Es gibt Hochrechnung, wie viele dieser HeLa-Zellen bisher gezüchtet worden und das sind unglaubliche 50 Tonnen. Das kann man sich irgendwie gar nicht vorstellen aber in den letzten 70 Jahren wurden 50 Tonnen dieser Zellen in Laboren auf der ganzen Welt kultiviert. Und die Zellen leben mittlerweile auch schon länger außerhalb Henrietta Lacks‘ Körper, als sie jemals innerhalb gelebt haben, weil sie ja schon mit 31 verstorben ist. Und mit diesen 50 Tonnen an Zellen wurde ziemlich viel Gutes für die Forschung erreicht. Eine der ersten großen Forschungsfortschritte, an den HeLa-Zellen beteiligt waren, war der Polio-Impfstoff. Und zwar hat man da festgestellt, dass HeLa-Zellen super Fabriken sind für den Virus. Man hat die Zellen also genutzt um den Poliovirus herzustellen und zu produzieren und so konnte man zum einen mehr über den Virus lernen und auch testen ob Impfstoffe funktionieren. Zellen waren auch schon im Weltraum. Dort wurde der Effekt der Schwerelosigkeit auf menschliche Zellen getestet. Sie wurden auch bei Atombombentests Radioaktivität ausgesetzt um zu sehen, gerade während des Kalten Krieges, wie menschliche Zellen darauf reagieren und wie man sie schützen könnte. Und auch in der Genetik gab es große Fortschritte wegen der HeLa-Zellen. Zum einen dachte man lange Zeit, dass Zellen 48 Chromosomen haben. Mittels HeLa-Zellen fand man raus, dass es 46 sind. Und wenn man weiß wie viele Chromosomen in einer normalen Zelle sind, kann man dann natürlich Unterschiede in kranken Zellen besser identifizieren. Auch verschiedene Methoden wurden mit HeLa-Zellen entwickelt, so z.B. FISH, das steht für „Fluorescence In Situ Hybridization“ ist eine Methode um Chromosomen farbig zu markieren. Die Bilder sind sehr cool, - also gerne mal googlen. Und mit Hilfe dieser Methode kann man dann auch Chromosom zählen und eine ungewöhnliche Anzahl identifizieren, - und das wird z.B. in der Pränataldiagnostik genutzt. Um noch mal auf unsere letzte Folge zu verweisen, so waren HeLa-Zellen auch die ersten menschlichen Zellen, in denen Telomerasen gefunden wurden, und auch Transposons wurden in diesen Zellen schon gefunden. Aber es gab auch noch mehr Nobelpreise die auf Forschung zu HeLa-Zellen basieren. So konnte Harald zur Hausen zeigen, dass Viren, um genau zu sein HPV, Krebs auslöst. Und zwar wurde Henriettas Krebs, was ja ein Gebärmutterhalskrebs war, von einem besonders aggressiven Strang von HPV18 ausgelöst. Und aufgrund dieser Ergebnisse konnte schlussendlich ein Impfstoff gegen den Krebs gefunden werden. Dieser wird heute weltweit angewendet und rettet Millionen von Leben. Henriettas Zellen haben auch dazu beigetragen, herauszufinden wie HIV an Zellen andockt und warum Viren so gerne gerade Immunzellen befallen. Und neben diesen zahlreichen individuellen Erfolgen erlaubten die Zellen aber auch einen Riesensprung in Zellkulturtechniken. Man hat z.B. gelernt wie man Zellen einfriert, oder wie man sie nutzen kann um Medikamente zu testen. Und so konnten die Zellen, teilweise zumindest, Labortiere ersetzen. Erstmals gab es auch eine Standardisierung in der Forschung. Alle konnten mit den gleichen Materialien arbeiten: Die gleichen Zellen, das gleiche Nährmedium, - und so konnten Ergebnisse zwischen Laboren und auch zwischen Kontinenten verglichen werden. Und das war ein riesen Fortschritt für die Forschung.
Speaker #2: [Julia Philipp] Das klingt ja eigentlich nach einer super Geschichte. Also super viele Menschen haben Henrietta ihr Leben zu verdanken, viele Forscher haben Henrietta ihre Karriere zu verdanken und wieder andere haben vermutlich Millionen Dollar mit Henriettas Zellen gemacht, - denn die Zellen wurden ja auch kommerziell verkauft und sind, glaube ich, auch die Basis von über 11.000 Patenten. Und das aber alles ohne die Einverständniserklärung von Henrietta und ihrer Familie, richtig? Das heißt die Familie wusste lange Zeit nicht mal, dass die Zellen ihrer Mutter, ihrer Frau oder ihrer Schwester genutzt wurden, geschweige denn, dass andere sich damit bereichert haben. Die Familie erfuhr schlussendlich durch einen Zufall von den Zellen, - ca. 20 Jahre nach dem Tod von Henrietta, aber auch in diesem Fall nicht von Ärzten oder Forschenden die noch Blutproben genommen haben um Verunreinigung in den Zelllinien aufzuklären, sondern durch Zufall durch Freunde.
Speaker #3: [Ulrike Träger] Ja der Teil der Geschichte ist wirklich interessant, weil beide Seiten, also die Lacks-Familie und die Ärzte, sich sehr unterschiedlich daran erinnern. Die Familie dachte die Ärzte nehmen ihr Blut um sie auf Krebs zu testen, also um zu sehen ob sie vielleicht den gleichen Krebs wie Henrietta bekommen würden. Sie wussten nichts von den Zellen und nichts von der Forschung die damit betrieben wurde. Die Ärzte hingegen sagen, sie hätten die Zellen erwähnt und sie gingen auch einfach davon aus, dass die Familie von den Zellen und ihrem internationalen Erfolg in der Forschung wusste. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Die Familie verstand viel von dem was die Ärzte sagten einfach nicht und die Ärzte erwarteten viel zu viel Vorwissen von der Familie. Und das wirft die Frage auf: „Wann ist eine Einwilligungserklärung eigentlich informiert?“, - also wie gut müssen diese Informationen aufgearbeitet werden, - und sind sie das? Es zeigt auch wie bedeutsam Patientenbeteiligung an der Forschung ist, weil sie Betroffene auf Augenhöhe in die Forschung einbezieht.
Speaker #2: [Julia Philipp] Aber die Zellen wurden nicht nur genutzt. Es wurden ja auch Henriettas voller Name und ihre medizinischen Daten veröffentlicht, - wieder ohne Zustimmung. In 2013 sogar ihre Genomsequenz. Und Genomdaten beziehen sich ja nicht nur auf eine Person, sondern die sagen auch viel über die Familie aus von der Person von der die Genomdaten stammen, da die Gene ja vererbt werden. Diese Daten wurden zwar nach der Verhandlung mit der NIH, also dem National Institutes for Health in der USA und der Lacks-Familie schnell in ein sicheres Archiv umgezogen. Aber die Daten wurden selten vertraulich behandelt, - also ein riesiger Eingriff in die Privatsphäre der Familie. Und dann stellt sich mir die Frage, ob sowas heute passieren könnte.
Speaker #3: [Ulrike Träger] Also heute gibt es zum Glück viele Regularien und Gesetze die vorschreiben wie man mit Daten, medizinischen Informationen und Materialien umgehen muss. Und ein Grund, warum es diese Regeln nun gibt, sind wieder HeLa-Zellen und der skrupellose Umgang mancher Forscher mit Materialien und Patienten. Der Name des skrupellosen Forschers: Southam. Und der wollte herausfinden ob Krebszellen, spezifisch HeLa-Zellen, Menschen infizieren können. Also hat er erst krebskranke Patienten und später Häftlinge mit HeLa-Zellen injiziert. Die Patientinnen, ohne Einwilligung und ohne Information. Die Häftlinge haben zwar offiziell zugestimmt, aber sie haben weder genau verstanden was da passiert, noch waren sie in einer gleichwertigen Position um überhaupt frei Einwilligen zu können. Viele erhofften sich eine Art Absolution durch ihre gute Tat, - also das Gute sollte das vorherige Böse aufwiegen und das ist natürlich keine Position um frei in Forschung einzuwilligen. In der Tat wuchsen die Zellen sogar in einem Teil der Patienten und wurden dann schnell wieder rausgeschnitten. Das Experiment sollte dann ausgeweitet werden auf ein anderes Krankenhaus. Dort gab es aber drei junge, jüdische Ärzte. Und die stellten sich dem entgegen. Sie fühlten sich mit den Experimenten an uninformierten Patienten nicht wohl. Es erinnerte sie an die Experimente der Nazis. Und tatsächlich gab es Einwilligungserklärungen erstmals nach dem Nürnberger Prozessen. Es war aber nur eine Empfehlung. Die sah vor, dass Patientinnen wirklich aufgeklärt sein müssen was mit ihnen passiert und mit ihren Proben. Aber es wurde weder nachverfolgt, noch war es ein Gesetz. Nachdem mit Hilfe der jüdischen Ärzte die Injektion von HeLa-Zellen per Gericht gestoppt wurde, erhob die NIH, also der größte Geldgeber für Forschung in den USA, eine neue Regel: Ohne Prüfung durch eine ethische Kommission, sollte es keine Versuche mehr an Menschen geben. Und das schloss Gewebsproben, wie die Probe die zur Züchtung von Henriettas Zellen führte, mit ein. Seit 1964 gibt es zusätzlich die Deklaration von Helsinki. Die schreibt ethische Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen fest. Also die sind auch Regularien und kein Gesetz, aber trotzdem halten sich viele Ethikkommissionen an dieses Standardwerk in ihren Entscheidungen. Zusätzlich regelt in der EU die DSGVO seit 2016 den Umgang mit personenbezogenen Daten und dies schließt medizinische und auch genomische Daten mit ein. Also es gibt mittlerweile auch Gesetze die den Umgang mit solchen Proben streng regulieren und hoffentlich eine Wiederholung der HeLa-Zellen ausschließen.
Speaker #2: [Julia Philipp] Um nochmal auf die Familie zurückzukommen, - die hat das Ganze zum Teil auch sehr mitgenommen, vor allem Henriettas Tochter Deborah, die wie die ganze Familie einfach nicht viel verstanden oder manches falsch verstanden hat. Die Zellen wurden ja z.B. geklont und Deborah hatte da wohl lange das Bild im Kopf, dass irgendwo in der Welt Klone ihrer Mutter herumlaufen, wie z.B. Dolly das Schaf. Das ist natürlich nicht der Fall aber es zeigt deutlich, was passieren kann, wenn man Betroffene und ihre Familie nicht aufklärt und sie nur Teile der Informationen aus verschiedenen Medien vorgespielt bekommen.
Speaker #3: [Ulrike Träger] Die Familie hat sehr lange für die Würdigung ihrer Mutter und auch für finanzielle Kompensation gekämpft. Letztes Jahr haben sie auch wirklich Geld zugesprochen bekommen von einer Firma die jahrelang HeLa-Zellen verkauft hat und damit Millionen gemacht hat. Aber auch von Seiten der Forschung wurden HeLa-Zellen, und was Sie geleistet haben für die moderne Medizin mittlerweile gewürdigt. So hat Atlanta z.B. den 11. Oktober 1996 zum Henrietta-Lacks-Tag ernannt und es findet jährlich eine Konferenz rund um Frauengesundheit in ihrem Namen statt. Dabei wird besonders der Beitrag der Afroamerikaner zur medizinischen Forschung gewürdigt. Johns Hopkins hält jährlich eine „Memorial Lecture“ in ihrem Namen. Henrietta Lacks ist mittlerweile auch Teil der der National Women‘s Hall of Fame in den USA. Und auch die WHO hat ihren Nachfahren einen Preis in Anerkennung ihres Beitrags zur Forschung gegeben. Wer mehr über Henrietta, ihr Leben und ihren Beitrag zur modernen Medizin erfahren würde, dem kann ich nur das Buch von Rebecca Skloot ans Herzen legen: „Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks: Die Geschichte der HeLa-Zellen“. Das liest sich wirklich super und beleuchtet neben dem wissenschaftlichen auch wirklich was das ganze Geschehnis mit ihrer Familie gemacht hat und zeigt wirklich, dass da Menschen dahinterstehen und halt nicht einfach nur eine Zelllinie.
Speaker #1: [Barbara Strobl] Vielen Dank Ulli und Julia für diesen spannenden Beitrag zu Henrietta Lacks. Im ersten Teil dieser Doppelfolge haben wir ja über wissenschaftliche Preise und Frauen gesprochen. Henrietta Lacks war keine Forscherin und wäre dadurch auch nie für diese Preise in Frage gekommen. Aber ihre Zellen haben dazu beigetragen, dass viele Andere, vor allem weiße Forschende, Preise bekommen haben. Selbst wenn Henrietta Lacks Forscherin gewesen wäre, - statistisch gesehen wäre ein Preis für sie nicht sehr wahrscheinlich gewesen. Frauen sind immer noch sehr stark unterrepräsentiert. Zum Beispiel sind nur 6% der Preisträger eines Nobelpreises Frauen. Es gibt nur 27 Frauen in den naturwissenschaftlichen Kategorien, davon ist eine Chinesin, aber der Rest der Preisträgerinnen sind weiß. Nur 1,6% der Nobelpreise sind bis jetzt an schwarze Menschen gegangen. Bis jetzt waren diese nur in Wirtschaft, Frieden und Literatur, - also nicht in den Naturwissenschaften. In Kombination bedeutet das, dass bis jetzt nur vier schwarze Frauen einen Nobelpreis bekommen haben, von insgesamt über 600 Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträgern. Das heißt jetzt natürlich nicht, dass Menschen mit anderen Ethnizitäten keinen Einfluss auf die Wissenschaft haben. Es heißt, dass die Gründe warum People of Color weniger Preise gewonnen haben systemisch sind. Zum Beispiel ist der Zugang zur Bildung immer noch nicht gleichberechtigt. Akademische Forschung war und ist eine elitäre Institution, die von Rassismus natürlich nicht verschont bleibt. People of Color müssen immer noch gegen Stereotypen ankämpfen und es fehlen Rollenmodelle, Mentoren und oft auch Möglichkeiten zum Netzwerken. Wir verlinken euch in den Shownotes eine Liste aktueller und interessanter Genetiker und Genetikerinnen of Color. Übrigens, in der Folge 12 erfahrt ihr mehr über die informierte Einwilligung in der Forschung. Dieser Podcast wurde präsentiert von GHGA. Wir bieten Infrastruktur in welcher Genomdaten sowie weitere medizinische Daten sicher gespeichert und kontrolliert zugänglich gemacht werden können. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert und ist Teil der nationalen Forschungsdateninfrastruktur. Weitere Informationen findet ihr unter www.ghga.de. Vielen Dank fürs Zuhören und herzlichen Dank an unsere heutigen Gäste Ulrike und Julia. Bis zum nächsten Mal.