Johanna Stegmann: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge vom Code des Lebens. Mein Name ist Johanna Stegmann, und jeden Monat unterhalte ich mich eine gute halbe Stunde mit Expert:innen aus der Genomforschung. Es ist ja wieder Erkältungszeit, also die Phase im Jahr, wo gefühlt jeder schnieft, hustet und literweise Tee trinkt. Erkältungen kennt jeder. Sie gehören zu den typischen Volkskrankheiten. Heute aber beschäftigen wir uns mit dem kompletten Gegenteil. Krankheiten, die so selten sind, dass nur eine Handvoll Menschen oder sogar nur eine einzige Person weltweit davon betroffen ist. Man fasst diese Erkrankung deshalb auch unter dem Begriff „seltene Erkrankungen“ zusammen. Trotzdem sind sie alles andere als unbedeutend, denn sie betreffen etwa sechs bis acht Prozent der Weltbevölkerung, also etwa 300 bis 400 Millionen Menschen. Davon sind über siebzig Prozent genetisch bedingt, das heißt, die Ursache steckt irgendwo in unseren Genen, in einem defekten Baustein unseres Erbguts. Das Problem dabei ist, dass es oft unfassbar schwer ist, eine seltene Krankheit zu diagnostizieren. Viele Betroffene kämpfen jahrelang mit Symptomen, gehen von Arzt zu Ärztin, und von einer Untersuchung zur nächsten. Und trotzdem bleibt die Ursache für viele Betroffene unklar, oft über Jahre hinweg. Manche Menschen bleiben sogar ihr Leben lang ohne eine Diagnose. Und genau da kommt ein spannendes Forschungsprojekt in Spiel: Solve-RD - solving the unsolved rare diseases. Das lief von Januar 2018 bis März 2024 und hatte ein großes Ziel - Antworten zu finden, wo es bisher keine gab. Dabei schauten sich Forschende die Daten von undiagnostizierten Patient:innen noch mal ganz genau an. Solve-RD war eine große, paneuropäische Zusammenarbeit. Forschende aus ganz Europa, aus der Medizin, der Bioinformatik, der Genetik und anderen Disziplinen, haben hier Hand in Hand gearbeitet. Ein Teil der Erkenntnisse wurde gerade in Nature Medicine publiziert. Den Link dazu packe ich euch in die Show Notes. Meine heutigen Gäste waren direkt am Projekt beteiligt. Sie stellen sich am besten selbst mal vor.
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Mein Name ist Alexander Hoischen. Ich arbeite seit 17 Jahren in Nijmegen in den Niederlanden, am Humangenetik Institut in unserem Uniklinikum, und das heißt Radboud University Medical Center. Hier bin ich Professor für genomische Technologie und seltene Immunerkrankungen. Und meine Rolle in Solve-RD war, dass ich Co-Lead war, für das zweite Work-Package, über das wir heute sprechen.
Dr. Holm Graeßner: Dr. Holm Graeßner: Mein Name ist Holm Graeßner. Ich arbeite am Universitätsklinikum in Tübingen, seit 21 Jahren. Hier am Klinikum leite ich das Zentrum für seltene Erkrankungen. In Solve-RD war ich der Koordinator, das heißt ich war der Chef von dem Gesamtprojekt.
Johanna Stegmann: Bevor wir uns Solve-RD genauer ansehen, lasst uns kurz grundsätzlich über die Diagnostik bei seltenen Erkrankungen sprechen. Wie geht man denn vor, wenn man die Ursache von einer genetisch bedingten seltenen Erkrankung finden möchte? Und was ist dabei vielleicht auch besonders schwierig?
Dr. Holm Graeßner: Es muss seine entsprechende genetische Variante gefunden werden, und dieses Finden ist gar nicht so einfach, weil es ja drei Milliarden Basenpaare gibt, in denen diese Variante gefunden werden muss, als auch in der Lage sein, diese Variante technologisch finden zu können. Das Zweite ist, die Ausprägung eines klinischen Phänotyps, also eine Erkrankung, gut zu beschreiben, die Komponente der Erkrankung auch erkennen zu können, die mit der genetischen Ursache verbunden ist. Und die dritte Komponente ist tatsächlich das Wissen, beides verbinden zu können. Also die genetische Variante und die klinische Ausprägung verbinden zu können. Und das hängt von dem Wissensstand ab, wie viel Personen zusammenarbeiten, wie interdisziplinär diese Gruppe ist, die Zusammenarbeitet, um das machen zu können.
Johanna Stegmann: Ok, das finde ich spannend. Ich bin immer davon ausgegangen, wenn man eben eine genetische Testung durchführt, dass man in der Regel dann auch eine Diagnose erhält. Aber da sind ja eine Menge Variablen im Spiel, die das ganze beeinflussen. Kannst du denn grob eine Zahl sagen, wie viele Personen mit dem geschilderten Ansatz am Ende tatsächlich auch eine Diagnose erhalten?
Dr. Holm Graeßner: Mit dem tatsächlichen Finden von Varianten hängt es ganz stark davon ab, welche Technologie man verwendet. Man kann nur die codierenden Teile des Genoms sequenzieren, man kann das gesamte Genom sequenzieren, und man kann auch noch das Genom auf unterschiedliche Art und Weise sequenzieren. Wenn wir auf das Erste blicken, was ich erwähnt habe, die Sequenzierung nur des codierenden Teiles des Genoms, hängt es auch noch von der Erkrankungsgruppe ab, die untersucht wird. Johanna Stegmann: [00:0:46] Es gibt also verschiedene Ansätze, wie man die DNA sequenzieren kann, je nachdem wie viel vom Genom man sich anschauen möchte. Eine Möglichkeit ist die Exomsequenzierung, bei der man nur die codierenden Teile der DNA untersucht. Das sind Bereiche, die Anweisungen für die Herstellung von Proteinen enthalten. Also die Bausteine für Zellen, oder auch Enzyme, die wichtige Aufgaben im Körper übernehmen. Diese codierenden Teile machen aber nur super wenig von unserem gesamten Genom aus - nämlich nur ein bis zwei Prozent. Wenn man sich das ganze Genom ansehen will, macht man eine Genomsequenzierung. Da sind dann auch die nicht-codierenden Teile mit dabei. Die machen den größten Teil unserer DNA aus. Früher dachte man, diese Teile seien Junk, also Müll. Aber mittlerweile weiß man, dass sie eine sehr wichtige Rolle spielen. Sie helfen zum Beispiel, die Aktivität von Genen zu steuern, sie stabilisieren die Chromosomen oder organisieren die DNA in den Zellen. Wenn ihr mehr über das Thema wissen möchtet, hört am besten in unsere Folgen zur Epigenetik oder zur Sequenzierung rein. Ich verlinke euch die Folgen in den Show Notes.
Dr. Holm Graeßner: Wir reden in etwa von 20 bis 70, vielleicht 80 Prozent, was über Exomsequenzierung gelöst werden kann. Damit hängt natürlich auch zusammen, dass das klinische Erscheinungsbild entsprechend gut beschrieben wird, um tatsächlich diese Verbindung auch machen zu können. Dazu braucht es das entsprechende Wissen, um tatsächlich diese Varianten und das klinische Erscheinungsbild verbinden zu können. Und es muss auch die Kooperation zwischen denen, die die Varianten finden, die die Varianten beurteilen, und die, die tatsächlich klinisch Patienten sehen, gut funktionieren. Und all das zusammen führt im Augenblick eben zu 20 Prozent für autoinflammatorische Erkrankung bis zu vielleicht 70, 80 Prozent für seltene Augenerkrankung.
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Was aber auch wichtig zu erwähnen ist, dass für die Augenerkrankung oder für genetisch Form von Blindheit, unheimlich viele Gene schon lange bekannt sind. Und das Gen-Set wahrscheinlich schon relativ komplett ist, und nur noch einzelne, neue Loci dazu gefunden werden. Das heißt, wir sind eventuell schon nah dran, am Plateau aller Erkrankungsgene. Wobei es andere Erkrankungen gibt, wo einfach die Forschung und die Diagnostik noch etwas hinterher ist. Das erklärt zumindest zum Teil, warum es auch eine Variabilität zwischen den Erkrankungen gibt.
Johanna Stegmann: Eine wichtige Rolle bei Solve-RD spielen die europäischen Referenznetzwerke, kurz ERN. Die konzentrieren sich auf die Diagnose und Behandlung seltener Erkrankungen. Zum Beispiel Entwicklungsstörungen, neurologische Erkrankungen, oder Entzündungen. Doch auch die Zentren können nicht jeden Fall lösen. Die Daten der undiagnostizierten Patient:innen haben sich die Forschenden von Solve-RD genauer angeschaut.
Dr. Holm Graeßner: Das waren zum einen die genomischen Daten, also die Daten, die durch die Sequenzierung entsprechend generiert worden sind. Das waren zum zweiten Daten, die die Erkrankung beschreiben, also phänotypische Daten. Der dritte Typ von Daten sind Metadaten, also Daten, die Experimente beschreiben, gerade für die Sequenzierung, um in der Lage zu sein, die Originaldaten entsprechend einschätzen zu können. Also wir haben zwei Ansätze verfolgt in Solve-RD, der eine Ansatz ist die Reanalyse von bereits vorliegenden Daten. Wir haben aber auch einen zweiten Ansatz verfolgt, und haben für Patienten und Patientinnen weitere genetische Analysen durchgeführt. Und aber auch zusätzlich zu der Analyse der DNA-Daten, weitere Omics-Analysen gemacht, um besser in der Lage zu sein, gefundene Varianten interpretieren zu können.
Johanna Stegmann: Ein wichtiger Punkt bei Solve-RD war die Reanalyse, also dass man die bereits erhobenen Daten von Patient:innen, die bisher keine Diagnose hatten, noch mal ganz genau angeschaut hat. Insgesamt hat man dabei die Fälle von 6447 Menschen neu untersucht, bei denen man eine genetisch bedingte, seltene Erkrankung vermutet. Aber warum ist es eigentlich so wichtig, sich Daten erneut anzusehen?
Dr. Holm Graeßner: Am besten versteht man das, wenn man sich vorstellt, dass eine diagnostische Analyse ja immer in einem bestimmten Setting und einer bestimmten Zeit gemacht wird. Wenn man nach einer bestimmten Zeit, dann die entsprechenden Daten reanalysiert, also noch einmal analysiert, kann man das dann mit einem weiterentwickelten Wissenstand machen. Und mit dem neuen Wissensstand neue Varianten oder Varianten, die gefunden sind, entweder komplett neu interpretieren, eben mit dem neuen Wissensstand. Oder eben, zweite Möglichkeit, Varianten, die bis dahin auf die eine oder andere Art und Weise interpretiert worden sind, anders interpretieren.
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Vielleicht noch eine gewisse historische Perspektive hierzu. Man muss ganz klar sagen, dass Genetik im Gesamtmedizinbereich bis vor 15 oder 20 Jahren was ganz Exotisches war. Und eigentlich immer am Ende des medizinischen Prozesses wurden Genetiker befragt, weil wir fast nie eine gute Antwort liefern konnten. Durch technische Limitierung konnten wir eigentlich immer nur geringe Stücke des Genoms lesen, oder die Chromosomen uns anschauen durch Karyotypisierung. Das hat sich dank Exom- und Genomsequenzierung komplett verändert, wenn es um seltene Erkrankungen geht. In dem Uniklinikum wird der genetische Test mittlerweile unheimlich früh im Prozess eingesetzt, so dass auch alle anderen Mediziner davon schneller profitieren können und ultimativ dadurch auch der Patient besser betreut und besser diagnostiziert wird. Man muss aber auch dazu sagen, durch diesen Boom ist vielleicht auch der diagnostische Ertrag etwas geringer, als er noch vor ein paar Jahren war. Als wir angefangen haben mit Exomsequenzierung, war es so, dass unsere Ärzte immer dreifach und doppelt nachgedacht haben, welcher Patient a priori eine hohe Chance hat, eine monogene Erkrankung zu haben. Am Anfang waren diese Tests auch noch viel teurer als jetzt, das Gesundheitssystem war da noch nicht komplett drauf vorbereitet, so, dass wir eigentlich sehr sehr stark gefiltert haben. Und ursprünglich dadurch viele Erkrankungen relativ hohen Ertrag hatten diagnostisch. Jetzt ist der Test aber so populär und auch so wertvoll, dass der auch zum Teil entweder zum Ausschluss verwendet wird, oder auch bei Patienten, die etwas mildere Erkrankungen haben, auch durchaus als First Test eingesetzt wird. Und das ist durchaus auch wünschenswert. Aber, das geht einher mit einem etwas geringen diagnostischen Ertrag. Aber dennoch, auch in den Patienten mit milden Erkrankungen, finden wir durchaus überraschend monogene Erkrankungen. Est also absolut wert, dass wir unseren Outreach erweitern. Mit dem Restrisiko, dass wir auch niemals 100 Prozent erreichen werden. Vermutlich gibt es einen kleinen Prozentsatz von Patienten, die zumindest keine sogenannte monogene oder Mendelsche Erkrankung haben, wo es nur eine genetische Ursache gibt. Und dann wirds auch etwas schwieriger. Unser Wissensstand ist da einfach noch etwas hinterher, sodass man auch mit den besten Methoden vermutlich diese 100 Prozent, die eigentlich erstrebenswert sind, vielleicht auch niemals erreicht, oder niemals in den nächsten Jahren zumindest.
Johanna Stegmann: Ihr habt ja mit Daten aus ganz Europa gearbeitet und ich stell es mir sehr kompliziert vor, die ganzen Regularien der unterschiedlichen Länder zu berücksichtigen.
Dr. Holm Graeßner: Ja. Ich glaub das ist einer der großen Erfolge, die, glaube ich, hier uns in Lage versetzt haben, diese große Reanalyse machen zu können. Also wir haben Daten wirklich aus, ich habe die Zahl nicht ganz genau im Kopf, aber ich würde sagen 20 plus Ländern, in Solve-RD miteingeschlossen. Und in all diesen Ländern, in all diesen Standorten, mussten die regulatorischen Bedingungen geschaffen werden, damit die Standorte in Lage sind, Daten zu teilen. Das heißt zum einen, dass eine entsprechende ethische Genehmigung da sein muss, und zum Zweiten, eben auf der Seite, dass der Patient, die Patientin informiert wird dementsprechend, dem Umgang mit den Daten zustimmt. Und das zweite große Thema ist Datenschutz, klar, auch da braucht es für uns ein Datenteilungsframework, wie wir es genannt haben, in dem letztendlich definiert ist, was mit den Daten gemacht wird, und was mit den Daten nicht gemacht wird, sodass wir entsprechend darüber immer informieren können.
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Das war wahrscheinlich echt der größte Erfolg von Solve-RD. Es gibt ähnliche Projekte, die dann aber nur national funktioniert haben, in einzelnen Ländern. Also, in England ist man wahrscheinlich ähnlich weit, hat ein nationales Genomforschungsprojekt oder Genomdiagnostikprojekt sogar. In den USA gibts eventuell vergleichbare Projekte. Dass wir hier tatsächlich mehr als 20 Länder aus ganz Europa, also paneuropäisch, gearbeitet haben, und die Regularien in allen Ländern berücksichtigt haben, und es trotzdem hinbekommen haben. Und dass wir letztendlich mehr als 300 Wissenschaftler, und Kliniker, und Bioinformatiker zusammengebracht haben, die mit einem großen Ziel daran gearbeitet haben, und dass es auch erfolgreich war, ist nicht zu unterschätzen. Die Gesamtdaten, die wir jetzt haben, beziehen sich auf mehr als 20 000 Patienten mit seltenen Erkrankungen, aus ganz Europa. Dass wir es einmal soweit geschafft haben, macht uns auch optimistisch, dass man noch mehr Zentren und noch mehr Länder einbeziehen kann.
Johanna Stegmann: Was viele von euch bestimmt interessiert, ist der Mehrwert vom Projekt, also ob die Reanalyse wirklich dazu geführt hat, dass mehr Menschen eine Diagnose erhalten haben. Insgesamt konnten 506 Familien eine genetische Diagnose erhalten. Das sind 8,4 Prozent. Und das ist schon eine ziemlich hohe Zahl, wenn man bedenkt, wie lange viele von ihnen ohne Antwort waren. Um das ein bisschen greifbarer zu machen, habt ihr uns zwei Fälle mitgebracht die ihr gelöst habt. Ich bin total gespannt. Alex, erzähl uns gerne von dem ersten Patienten.
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Wir hatten einen männlichen Patienten, tatsächlich hier aus Nijmegen. Zum Zeitpunkt von Solve-RD war das ein Patient, der 22 Jahre alt war und eine schwere geistige Behinderung hatte. Es war ein Patient, der jahrelang in unserer Uniklinik schon vorstellig war als Patient. Dieser Patient dient dazu, dass ich ein Beispiel nenne, von einem neuen Gen und eventuell auch einem nicht kompletten Phänotyp, der uns zur Verfügung stand. Das heißt, der Patient hatte weitere Dysmorphien, also auch zum Teil Malformationen, die sehr stark syndromal waren, und hatte aber zu dem Zeitpunkt der letzten Untersuchung auch einen MRT.
Johanna Stegmann: Der Patient hatte also andere körperliche Auffälligkeiten, teilweise auch Fehlbildungen, die stark nach einem Syndrom aussahen. Ein Syndrom ist einfach eine Kombination von bestimmten Symptomen oder Merkmalen, die immer wieder zusammen auftreten und auf eine bestimmte Krankheit oder Störung deuten können. Man könnte sagen, es ist wie ein typisches Paket von Auffälligkeiten, dass man oft bei einer bestimmten Krankheit findet. Zurück zu unserem Fall. Beim Patienten wurde also auch ein MRT gemacht.
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Und die Bildgebung des MRTs hat eigentlich keine besonderen Auffälligkeiten erwiesen. So stand es in der Patientenakte, als der Patient in Solve-RD inkludiert wurde. Nun haben wir in Solve-RD eine Neumutation gefunden, durch die Analyse nicht nur des Patienten, sondern auch der genetischen Daten der beiden Eltern. Eine Neumutation im Gen, das heißt NM1. Und das war sogar eine sehr auffällige Mutation, sogenannte Stoppmutation, also non-sense Mutation, das heißt eigentlich, da weiß der Bioinformatiker oder derjenige, der die Daten analysiert, oh, das ist sogar eine relativ deutliche Mutation, die vermutlich sogar die Funktion des Gens stark beeinträchtigt oder komplett dafür sorgt, dass eine Kopie des Gens nicht mehr funktioniert. Und dann war es so, dass in Solve-RD direkt auffällig war, ah, das ist doch mittlerweile ein Erkrankungsgen. Vor dem Beginn von Solve-RD, also bis 2018, war dieses Gen noch nicht bekannt, das NM1-Gen. Also das Gen war bekannt. Aber es war noch nicht erkannt, dass das mit einer schweren, geistigen Behinderung assoziiert ist, und dass Mutationen in diesem Gen eben eine besondere Form von geistiger Behinderung verursachen. Die Literatur hat sich in den letzten fünf Jahren verändert. Mittlerweile ist es so, dass sogar eine sehr charakteristische Form von schwerer, geistiger Behinderung mit diesem Gen assoziiert ist. Und das wird mittlerweile beschrieben als Cebalid-Syndrom. Nun ist es so, dass mehrere Patienten in der Literatur in den letzten fünf Jahren publiziert worden sind, die eben dieses Syndrom beschreiben. Und darin sind auch Auffälligkeiten des MRTs, also Gehirnauffälligkeiten, durchaus sehr spezifisch beschrieben. Das heißt, mit der Information in Solve-RD, konnten unsere Kliniker wiederum zurück zum Radiologen, und zu der Bildgebung von damals, und haben tatsächlich, im Nachhinein, genau diese Auffälligkeiten auch gefunden, die etwas subtiler sind als man ursprünglich erwartet hatte. Das heißt also, der genetische Kenntnisstand hat sich innerhalb der letzten fünf Jahre einfach verändert für diesen Patienten. Das heiß, das ist auch nicht ein Fehler der ursprünglichen Diagnostik, der Kenntnisstand hat das damals 2018 einfach nicht ergeben, dass man diese Mutation findet und auch korrekt interpretiert. Die Zunahme der genetischen Information in Literatur hat dafür gesorgt, dass Solve-RD diesen Zusammenhang sehr wohl erkannt hat, und das hat dazu geführt, dass die involvierten Kliniker wiederum sich den Phänotyp noch mal genauer anschauen konnten. Das nennt man mittlerweile reverse phenotyping. Und dann hat man eine sehr gut unterbaute Diagnose stellen können, für diesen Patienten.
Johanna Stegmann: Das heißt, das macht Sinn, sich Daten nach einem bestimmten zeitlichen Abstand immer wieder anzusehen oder?
Dr. Holm Graeßner: Genau. Wir haben das im Forschungssetting durchgeführt. Es gibt systematische Bestrebungen, Reanalyse auch in das diagnostische Setting anzuführen, in dem gerade gestarteten Modellvorhaben in Deutschland. Was letztendlich die Einführung der genomischen Medizin in Deutschland bedeutet, ist die Reanalyse struktureller und systematischer Teil dessen, was gemacht wird.
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Und das ist vielleicht auch eine Konsequenz aus Solve-RD. Es gibt schon einzelne Länder, wo das auch wiederum im Forschungsbereich passiert, dass so eine Analyse auch live passieren kann. Das heißt, es gibt gerade im Gesamtfeld zwei Ansätze, dass man das einfach zu einem festen Termin, man spätestens zwei Jahre später, noch mal neu analysiert. Es gibt aber auch die Möglichkeiten, zumindest technisch, gibts eine Evolution von Technologien, die das möglich machen, eventuell auch live diese Reanalysen zu machen. Das heißt, sobald ein neues Erkrankungsgen publiziert wird, können die bestehenden Daten pro Zentrum analysiert werden. Und wenn man dann in seltenen Fällen, genau eine Mutation in dem Gen hat, oder eine Variante, die man vielleicht danach, durch weitere Untersuchungen, auch als pathogen ansieht, dass das dann eben automatisch geflaggt wird in dem digitalen System, und dass damit auch keine Diagnose verpasst wird.
Johanna Stegmann: Ihr habt ja noch einen weiteren Fall mitgebracht. Erzählt uns gerne mehr darüber.
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Ein zweiter Fall, wiederum von Kollegen hier aus Nijmegen, ist wiederum ein männlicher Patient, der zum Vorstellungszeitpunkt 24 Jahre alt war, aber seit seinem 15. Lebensjahr hier in Behandlung war durch Kollegen hier in Nijmegen. Damals, bei der Erstvorstellung, mit 15 Jahren, ging es darum, dass der Patient eine Unterentwicklung der linken Körperhälfte hatte. Also eine sehr große Körper-Asymmetrie aufwies. Hatte weitere Probleme in der Entwicklung und hat dann in der Standarddiagnose eigentlich nie was gefunden, und deshalb wurde der Patient in Solve-RD miteingeschlossen. Dort sind die Daten analysiert worden, und wiederum haben wir eine Neumutation gefunden, also eine Mutation, die nicht in Vater oder Mutter vorliegt, nicht vererbt ist als eine genetische Variante, sondern eine neue Mutation in dem Patienten. Aber hier handelt sich um eine bestimmte Neumutation, und zwar eine sogenannte somatische Neumutation, die also im Mosaik vorliegt. Das heißt, nicht alle Zellen des Patienten tragen diese Mutation, sondern nur ein kleiner Prozentsatz. Das waren 13 Prozent aller DNA-Moleküle, die wir untersucht haben in Solve-RD.
Johanna Stegmann: Eine somatische Mutation ist eine Veränderung in der DNA, die nur in den Körperzellen auftritt, und nicht an die nächste Generation, also an Tochter oder Sohn weitergegeben wird. Sie passiert also nicht in den Eizellen oder Spermien, sondern in den Zellen, die den Körper aufbauen. Zum Beispiel in der Haut oder den Organen. Solche Mutationen können durch äußere Einflüsse, wie UV-Strahlung oder Chemikalien, entstehen und sind oft der Grund für Krankheiten wie Krebs.
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Und die Routine-Diagnostik hier, aber ich glaube durchaus fast überall in Europa, muss bestimmte Qualitätsstandards erfüllen. Und eigentlich schaut man sich Mutationen, die nur in 13 Prozent aller DNA-Moleküle auftreten, nicht an. Weil dann wird man sich viel zu viele Artefakte und Probleme anschauen. Wir hatten halt in diesem Forschungsprojekt etwas mehr Zeit, etwas mehr Expertise, und auch weitere Tools, die wiederum gesagt haben, hey, aber das ist doch auffällig. Mittlerweile war es so, dass diese somatische Mutation bereits beschrieben ist. Bei anderen Patienten, wiederum somatisch, und in dem Fall war das eine Neumutation in 13 Prozent der DANN-Moleküle im Gen, das heißt PIK3CA. Und mittlerweile gibts eine Erkrankungsgruppe, die heißen eben PIK3CA Overgrowth Syndrom. Das heißt, also die ursprüngliche klinische Diagnose, dass es eine Unterentwicklung der linken Körperhälfte sein soll, bei diesem Patienten, stimmt gar nicht. Es ist sogar ein Größenwuchs der rechten Körperhälfte, die dann auch genau zu diesem Spektrum der Erkrankung passt, im Nachhinein. Hier kamen zwei Sachen zusammen, die ursprüngliche klinische Diagnose war vielleicht auch nicht ganz akkurat, aber durchaus ein ganz verständlicher Fehler, weil, man konnte den Patienten nur so sehen und sagen, okay da ist die Asymmetrie. Und ein feineres Tool und noch genauerer Blick auf Mutationen, die fast aussehen wie Artefakte. Und Zunahme des Kenntnisstands in der Literatur, dass genau diese Mutation eben bei der Erkrankungsklasse eine Rolle spielt.
Dr. Holm Graeßner: Ich kann vielleicht noch ein Punkt ergänzen, weil das auch spannend ist für das, was in Solve-RD gemacht wird, was das für eine Bedeutung hat, für die lokale Analyse. Jetzt zu diesem PIK3CA, waren wir tatsächlich dann in Tübingen auch in der Lage, mit dem Kenntnisstand, den wir gewonnen haben, auch eine Patientin zu diagnostizieren, die keine passende klinische Beschreibung hatte, und konnten dann in Tübingen auch entsprechend lösen. Und das ist genau das, was wir wollen. Also wir wollen quasi über Forschungsprojekte auch die Basis schaffen, dass dann damit im diagnostischen Setting eine Verbesserung der diagnostischen Erfolge erreicht werden kann.
Johanna Stegmann: Was bedeutet es denn für Betroffene, nach so einer langen Zeit endlich eine Diagnose zu bekommen?
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Der Wert einer genetisch sichergestellten Diagnose ist absolut nicht zu unterschätzen. Und da zählt genau dieses Empowerment dazu, dass, sobald der Patient genau weiß, was die Erkrankung ist, können die sich eben mit anderen Patienten austauschen. Das ist eben noch extremer, wenn es sich um genau die gleiche Erkrankung und sogar die gleiche Mutation im gleichen Gen handelt. Da muss man ganz klar sagen, Ärzte sehen den Patienten vielleicht ein paar Mal im Jahr, wenn es gut läuft, und wenn guter Kontakt besteht. Aber die Eltern der Patienten sehen den Patienten natürlich eigentlich täglich. Das heißt, wenn sich dann vor allem Mütter austauschen, ist das natürlich ein enormes Patienten-Empowerment, was wir unheimlich häufig zurückhören, dass das einen unheimlichen Boost für die Familie gibt. Zum anderen die molekulare, also genetische Diagnose, nimmt eine unheimliche Unsicherheit weg. Und auch da gibts tatsächlich gute Forschung zu, wie wichtig das ist. Und das scheint so zu sein, dass es, vor allem bei Müttern, noch mehr als bei Vätern, eine wichtige Rolle spielt, dass man unbewusst ein gewisses Schuldbewusstsein hat. Ist es nicht doch meine Schuld, dass mein Kind eine schwere Erkrankung hat? Aber wenn dann die genetische Ursache bekannt ist, und einfach ganz klar ist, es ist einfach Pech. Es ist eine genetische Variante, die dort ist, aber es nicht die Schuld von Mutter, Vater oder sonst jemanden. Das an sich ist schon unheimlich wichtig, für das Wohlsein der gesamten Familie. Und dann gibts sicher weitere gute Gründe. Aber das sind Gründe, die manchmal übersehen werden, selbst wenn man noch gar keinen Effekt hat für Behandlung oder Prognose direkt. Rein diese Sicherheit, zu wissen, was die Erkrankung ist.
Dr. Holm Graeßner: Noch ein Aspekt in Bezug auf die Wichtigkeit der Diagnose ist, dass wir bei genetischen Erkrankungen von Familienerkrankung reden und damit eine Bedeutung der Diagnose über den Patienten, die Patienten hinaus besteht, für die weitere Familie, aber auch für die Familienplanung letztendlich.
Johanna Stegmann: Ihr habt ja eine Menge neuer Diagnosen stellen können. Bei wie vielen ist denn eine anschließende Therapie möglich?
Prof. Dr. Alexander Hoischen: In allen Patienten von den 6004, die wir jetzt im vorliegenden Manuskript untersucht haben, haben wir in 506 der Familien und der jeweiligen Fälle eine Diagnose stellen können. Davon sind 14,4 Prozent actionable. Das ist nach wie vor noch eine theoretische Zahl, das heißt, wir wissen das Gen, was defekt ist und haben dann sehr systematisch in der Literatur, oder auch in Datenbanken gesucht, wie viel ist zur Therapie oder zur actionability dieser Gene bekannt. Und das trifft eben für 14,4 Prozent der Fälle zu, von unseren diagnostizierten Patienten. Wir haben aber mit allen Klinikern neu Kontakt aufgenommen, und haben, wenn ich mich nicht vertue, in 18 Fällen ist tatsächlich actionability durchgeführt worden. Das heißt, da gibt es einige Fälle, auch aus dem Zentrum in Tübingen, zum Beispiel mit den neurologischen Erkrankungen, wo tatsächlich der Gendefekt auf ein Enzymdefekt hinweist, so, dass das Enzym zugefügt wurden konnte, in den Patienten. Also tatsächlich eine absolut medikamentöse Behandlungsstrategie, die angepasst wurde. Dann gibts aber auch actionability, die etwas indirekter ist, zum Beispiel in mehreren der Familien, aus dem ERN GENTURIS das sind die seltenen und familiären Krebserkrankungen. Wenn in einem Patienten tatsächlich eine genetische Ursache für eine erbliche Form von Krebs vorliegt, in unseren Fällen waren das viele Darmkrebspatienten, hat das natürlich direkte Folgen für den Patienten. Das heißt, da passiert eine ganze Kaskade von Surveillance. Aber genauso passiert Cascade Testing innerhalb der Familie. Das heißt, dann weiß man, es handelt sich um eine familiäre Form von Darmkrebs, so dass auch weitere Familienangehörige genau für die gleiche genetische Variante untersucht werden können. Und man kann mit größerer Gewissheit den Familien sagen, ok, auch du gehörst in die Risikogruppe eurer Familie und du eben nicht. Und viel gerichteter Surveillance-Tests anbieten. Und das ist natürlich sehr positiv und damit kann man eventuell viel rechtzeitiger die richtigen medizinischen Maßnahmen treffen. Man muss auch ein bisschen davor warnen, dass eine direkte, ursächliche Therapie nicht für alle Erkrankungen passieren wird. Das sind leider schwerste Erkrankungen, Wenn Kind mit einer schweren Hirnfehlbildung geboren wird, haben wir den Zeitpunkt für eine mögliche Therapie sogar schon verpasst nach der Geburt. Aber durchaus Begleiterscheinung, das heißt, wenn so ein Kind mit einer schweren geistigen Behinderung auch noch an Epilepsien leidet, kann man zumindest vielleicht die Burden der Epilepsie etwas mindern oder vielleicht wegnehmen. Das heißt, also es gibt immer sehr direkte und vielleicht auch eher indirektere Erfolge von der Therapie. Aber es gibt zumindest ein paar seltene Erkrankungen, wo vielleicht das noch vielversprechender ist und ich glaube, die Erkrankungen, die da momentan sehr erfolgreich sind, sind unter anderem Muskelerkrankung, also Muskeldystrophien. Da gibts viele Erfolgsgeschichten, wo tatsächlich tolle Medikamente Kindern, zum Beispiel mit SMA, unheimlich erfolgreich verabreicht werden. Und aus dem Grunde auch schon im Neugeborenen-Screen mittlerweile aufgenommen worden, in vielen Ländern Europas. Es gibt viele Augenerkrankungen, genetische Formen von Blindheit, gerade die, die ein bisschen mehr late onset sind, da hat man eben noch ein gewisses Fenster, indem man therapieren könnte. Und zudem ist das Auge ein sehr abgeschlossenes System, das heißt, dann hat man auch lokal eine viel größere Möglichkeit, zu behandeln. Da gibts weltweit unheimlich viele Arbeitsgruppen, die genau an solchen Therapien arbeiten. Für bestimmte Erkrankungsklassen ist so dieser Promise der Therapierbarkeit noch etwas höher dann, als für andere. Wir müssen auch ein bisschen aufpassen, dass wir nicht komplett falsche Hoffnung wecken, dass irgendwann alle seltenen Erkrankungen behandelbar sind.
Johanna Stegmann: Das Forschungsprojekt Solve-RD ist abgeschlossen worden. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in einem neuen Projekt weiterverwendet. Das Projekt heißt ERDERA.
Dr. Holm Graeßner: Also ich glaube wir sind super glücklich, aber auch letztendlich, glaube ich, super zufrieden, dass wir das, was wir in Bezug auf Datenstrukturen, in Bezug auf Wissen, im Bezug auf Kooperation, dass wir das letztendlich nicht verlieren, sondern in der Lage sind weiterzuentwickeln und weiterzuführen. Das können wir tatsächlich machen im neuen Projekt, und vielleicht ist es nicht nur ein Projekt, das ist tatsächlich noch größer als Solve-RD, das nennt sich European Rare Disease Research Alliance, das ist ein Forschungsprogramm, was zugleich von der Europäischen Kommission, und von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gefördert wird. Es hat ein Gesamtvolumen von über 380 Millionen Euro über sieben Jahre. Also schon richtig richtig groß. Da werden wir das, was wir in Solve-RD begonnen haben, skalieren, deutlich über das hinausgehen, was wir bereits gemacht haben, noch mehr Länder, noch mehr Erkrankungen, deutlich mehr Datensätze entsprechend einschließen, weitere Technologien einschließen, so dass wir neue Dimensionen dessen erreichen können, was wir in Solve-RD aufgebaut haben.
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Was wir in Solve-RD schon gesehen haben ist, dass viele der vorher verpassten Varianten oder Mutationen nicht ganz so einfache Mutationen sind. Also eben nicht ein DNA-Buchstabe, der verändert ist, sondern viele DNA-Buchstaben, die vielleicht fehlen oder zu wenig sind, oder am falschen Ort des Genoms des Patienten sich befinden. Das haben wir in der Reanalyse von Solve-RD schon gesehen. Das sind häufig Variantentypen, die im lokalen Zentrum gar nicht untersucht werden, die brauchen neue bioinformatische Tools, um sie überhaupt finden zu können und aus den bestehenden Daten zu destillieren. Aber im ERDERA Projekt wird das so sein, dass wir auch noch mal viel mehr die neuesten, innovativen Technologien der Genomsequenzierung verwenden werden. Und dann sind es eben nicht nur Standard-Genomsequenzierungen, sondern sogenannte long-read Genomtechnologien. Das heißt, wir lesen jetzt nicht ganz kleine Stücke des Patientengenoms, sondern viel größere Stücke auf einmal und verpassen durch weniger. Und da hat Solve-RD schon, in Pilotstudien, drauf hingewiesen. Wir haben schon long-read Genome gemacht für fast 500 Patienten. Und haben eben auch dort, in fast 15 Prozent der Fälle, Varianten und Mutationen finden können, die die Standardtests eben verpasst haben. Diese Entwicklung ist rasend schnell, und da bietet ERDERA wieder eine unheimliche Chance, das nicht nur individuell zu machen, was viele unserer Zentren bislang schon machen, sondern dass man auch das wieder sehr demokratisch, idealerweise in ganz Europa macht. Und dass dann auch Patienten in fast jedem europäischen Land Zugriff auf solche Möglichkeiten haben, oder haben werden, in der Zukunft. Die Zeitspanne von Forschung, Richtung Diagnostik, da die Innovation noch schneller zum Patienten und zum Doktor zu bringen, ist eine große Motivation.
Johanna Stegmann: Wie kann man denn als Betroffene und diagnostizierte Person Teil von ERDERA werden?
Dr. Holm Graeßner: Tatsächlich ist der allerbeste Weg für Patienten, Patientinnen ohne Diagnose, sich an entsprechende diagnostische Expertise-Zentren zu wenden. Und dann, wenn entsprechendes diagnostisches Expertise-Zentrum nicht in der Lage ist, eine Diagnose zu finden, besteht die Möglichkeit für dieses Zentrum, eben entsprechend Fälle in ERDERA einzuschließen. Dazu müssen ethische und datenschutzregulatorische Bedingungen erfüllt sein, und natürlich muss der Patient die Patienten dazu zustimmen. Wenn das alles erfüllt ist, dann kann der Patient, die Patientin mit den Daten entsprechend in ERDERA eingeschlossen werden. Und wir können dann hoffentlich die Diagnose auf der Forschungsseite finden.
Johanna Stegmann: Unsere gute halbe Stunde ist fast vorbei. Zeit für ein Fazit.
Prof. Dr. Alexander Hoischen: Der echte Nutzen unserer Arbeit macht sich im Projekt Resolve-RD aber dann hoffentlich auch in ERDERA ganz klar bemerkbar, dass wir relativ nah dran sind, am Patienten. Und das ist unheimlich große Motivation eben, die genetischen Rätsel, die sich bei unseren Patienten auftun, die zu lösen und damit auch, zumindest indirekt, in der Medizin, als Biologe oder als Bioinformatiker beizutragen.
Dr. Holm Graeßner: Ich glaube, mit dem Ergebnis, dass wir tatsächlich ein Unterschied machen, für einzelne Patienten und für Patientinnen, heute und jetzt, aber auch eben der Zukunft, das ist das, was uns treibt und was das Projekt, und letztendlich auch das, was wir dann in ERDERA vorhaben, so erfolgreich macht und machen wird.
Johanna Stegmann: Johanna Stegmann: Das war der Code des Lebens, ein Podcast von Deutschen Humangenom-Phänomarchiv. Vielen Dank an unsere heutigen Gäste und euch fürs Zuhören! Ich freue mich, wenn ihr das nächste Mal wieder einschaltet.